Hoteldirektoren und die Generation Y

Ich sitze gerade im Zug nach Dänemark zu einer Konferenz. Titel meines Vortrages: „People before Paper oder warum Servicequalität mehr mit Menschen als mit Ordnern zu tun hat.“ Es geht um die selbstverliebten Qualitätsmanager, die sich zum Ziel gesetzt haben, dass die Teams unserer Branche für Excel-Listen und Hunderte von Prozessbeschreibungen, aber nicht für den Gast arbeiten sollen.

Es ist doch immer wieder gleich, wenn ich probiere, alles zu kontrollieren (was ich ja mit diesen ganzen Vorgaben machen will): Ich erreiche das, vor dem ich am meisten Angst habe, ernte das totale Chaos und demotiviere meine Teams. Schmunzeln musste ich, als ich den Beitrag in der AHGZ online über die HDV-Herbsttagung gelesen haben, wo es um das Thema „Hoteldirektoren treffen auf die Generation Y“ ging. Insbesondere die nachfolgenden Zitate von Philipp Riederle fand ich doch im Blick auf unsere Branche sehr spannend:

„…Partnerschaftliche Zusammenarbeit… ständiger Wissensaustausch… selbstbestimmtes Arbeiten… permanentes Feedback, und keine Autoritäten die sich auf ihren Status berufen…“

Partnerschaftliche Zusammenarbeit fällt ja in den meisten Fällen in unserer hierarchisch denkenden Branche aus. Schaue ich mir einen aktuellen Artikel an, in dem der DEHOGA Schleswig-Holstein wieder einen für den Verband klassischen Kommentar („DEHOGA beklagt mangelnde Bereitschaft sich krumm zu machen!“) rausschießt, zeigt es doch, welchen Geistes Kind viele in unserer Branche sind.

Ständiger Wissensaustausch – auch dass wird schwer, denn gerade in heutigen Zeit, in der wir in einem volatilen wirtschaftlichen Umfeld leben und die Digitalisierung den Veränderungsprozess beschleunigt und vorantreibt, sind viele Führungskräfte mit ihrem Wissen einfach stehengeblieben und berufen sich immer noch auf vergangene Ideen. Nur: Mit dem Wissen von gestern werde ich die Probleme von morgen nicht lösen.

Den Teams wird oftmals nur das „WIE“ erklärt, nicht aber das „WARUM“. Die Scharen von Qualitätsmanagern machen sich auf, dass Führungskräfte zur Unterstützung ihrer Arbeit eben Ordner von Prozessbeschreibungen bekommen, mit denen sie besser „führen“ können. Ordner und Anweisungen, die erklären, WIE etwas gemacht – aber nicht WARUM etwas gemacht wird. Das WARUM zu erklären, wäre ein aktiver Wissensaustausch. Das WIE durchzudrücken, schafft genau das Gegenteil von dem geforderten selbstbestimmtem Arbeiten. So lange ich meinen Teams nicht vertraue und probiere, alle zu kontrollieren, bekomme ich das, was ich oben schon beschrieben habe.

Unsere Kontrolle heißt im Übrigen „Vertrauen“. Sicher, wir laufen Gefahr, dass wir enttäuscht werden und es ist uns auch schon ein paar mal passiert. Das tut dann sehr weh. Nicht nur persönlich, sondern auch der Organisation, die dann Dinge nachholen muss, die Teammitglieder verbockt haben, denen wir vertrauten.

Ein schönes Sprichwort sagt „No Risk, No Fun“ und das Risiko, enttäuscht zu werden, muss ich eingehen, damit ich für alle anderen motivierten Teammitglieder ein Umfeld schaffe, dass sie nicht demotiviert und Innovationen fördert. Bisher ist das bis auf wenige Ausnahmen ganz gut aufgegangen. Die Frage ist: Ist jeder dazu bereit, Kontrolle abzugeben? Da sollte sich unsere Branche hinterfragen!

Und was das Feedback angeht: Es wird leider oftmals in Form von persönlicher Kritik gegeben, weil die meisten gar nicht darauf ausgebildet sind, ein ordentliches Feedback zu geben oder richtig anzunehmen. Ich muss sagen, es ist wirklich die hohe Kunst der Kommunikation, wenn das gelingt. Daran arbeiten wir weiter. Bayern-Trainer Pep Guardiola hat gesagt: „Perfektionismus gibt es nicht, sonst würden wir nicht dauernd trainieren.“ Dazu gehört viel Training – es ist eine unserer schwersten Herausforderungen.

Den Kaffee auf meine Tastur gespuckt habe ich aber, als ich das hier las: „…keine Autoritäten die sich auf ihren Status berufen…“  Ich glaube, keine Branche ist so selbstverliebt, wie unsere und keine Branche hat so viele Titel ohne Mittel. Da gibt es angeblich Direktoren und Generaldirektoren von großen 4-Sterne Hotelketten, die bei Investitionen von mehr als €500 ihre Zentrale anrufen und sich das genehmigen lassen müssen. Ehrlich? Ja, dass spricht man so und das ist sicherlich nicht die Ausnahme. Bei uns kann der Guest Service Agent entscheiden, welche Investition sinnvoll ist und sich im Zweifel ein Feedback oder „Experience-Sharing“ einholen.

Witzig aber auch, dass gerade die Zeitung, die diesen Artikel veröffentlicht, im Grunde immer noch sehr hierarchisch und in Autoritäten denkt. Warum wirbt man für die Veranstaltung „Hotelier des Jahres 2016“ mit „Das wichtigste Branchenevent der deutschen Hotellerie (…) Hier trifft sich das Who is Who der deutschen Hoteliers unter einem Dach!“

Wer ist denn das „Who is Who“ der deutschen Hoteliers, der deutschen Hotellerie? Sind das nicht die Teams, die täglich mit viel Liebe und Mühe ihre Arbeit machen? Sind es nicht gerade die Leute, die wir aktuell suchen und beklagen, diese nicht zu bekommen? Warum können die nicht auch zu diesem Event kommen? Warum ist das immer noch so eine geschlossene Gesellschaft von Autoritäten, die sich gerne selbst feiern?

Ich denke, das gemeinte Thema ist am Ende auch der Titel meines Buches (an dem ich schon viel zu lange arbeite): „Wer per Diktat führt, wird nicht mehr respektiert. Vom Ende des autoritären Führungsstils“.

Und auch wenn ich es gut finde, dass man sich mit diesem Thema aktiv außeinandersetzt, denke ich, dass ein gewaltiger Ruck durch die Branche gehen muss, damit alleine nur diese Punkte erfüllt werden! Einer Branche, die aktuell expandiert wie noch nie zuvor, wo neue Hotels in vielen Destinationen an der Tagesordnung sind, die aber auf immer weniger dienstleistungsbereite Menschen zurückgreifen muss. Diese Branche ist dazu verdammt, zu scheitern, wenn nicht wirklich umgedacht wird. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, denn es gibt viele tolle Beispiele, die das bereits anders machen. Bei Opel hat es am Ende auch geklappt: „Umparken im Kopf“ – genau das brauchen wir auch. Was denkt ihr?

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6 thoughts on “Hoteldirektoren und die Generation Y”

  1. Vielen Dank. Toller Artikel. Er regt an, sich wieder an das ein oder andere bzgl. seines eigenen Führungsstil’s zu erinnern. Die Branche entwickelt sich seit Jahren sehr einseitig Gewinn orientiert, Ausnahmen gibt’s natürlich. Wir, in der Hotellerie, verpassen den Anschluss an Endverbraucher Konzepte die uns längst den Rang ablaufen im Bereich Food&Drinks. Da trifft sich es ja gut, wenn sich das WHO is WHO mal trifft, vielleicht beginnt der Prozess des Umdenkens. Ich wäre Begeistert.

  2. Vorsicht, das was der antiautoritäre Erziehungsstil hervorgebracht hat, ist heute der junge Mensch, der ihnen, in einem von diesem selbstherrlichen Hotelchef gefügten Häuser ohne
    jeglichen RESPEKT und noch dazu mit mangelnder KOMPETENZ frech gegenübertritt.

    Leute die „rechts blinken und links abbiegen“, sind die Gefährlichsten,
    die einem begegnen können

  3. …wer über mangelndes Selbstbewusstsein verfügt kann nur autoritär Führen! Auch ein dunkelblauer Anzug kann darüber nicht hinweg täuschen.
    Das Thema ist weder komplex noch schwer zu verstehen.
    Big Boss hatte dafür die einfachste Bezeichnung:
    Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst !

    Was gibt es daran noch zu zweifeln ?
    Nik Schyra

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