Die digitale Revolution der Hotellerie
Günther Oettinger ermahnte heute auf dem Deutschen Hotelkongress 2015 in Berlin die Hoteliers, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen und die AHGZ titelte gar: „Hoteliers stecken in einer digitalen Revolution“. Parallel dazu gab es heute auch einen Bericht bei Spiegel Online über das Hotel der Zukunft. Dazu noch das Thema der wandelnden Anforderung an Führungskräfte und Unternehmensstrukturen auf Grund der GenY. Auf die Hotels kommt also eine digitale Revolution zu und zwar immer schneller.
Disruptive Innovationen von allen Seiten und die meisten haben Probleme, überhaupt mitzukommen mit der ganzen Entwicklung. Wer in seinem Management-Werkzeugkasten nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Das reicht aber nicht mehr. Zwar feiert sich die Branche mit Einstecktüchern, H-Gürteln, Champagner und Zigarren gerne immer wieder selbst, ihr Geschäft bestimmen aber mittlerweile andere. Sinnbildlich wird das auch bei dem Zitat von Günter Oettinger: „Sie brauchen einen Mitarbeiter, der morgens um 6 aufsteht und überlegt, was kann ich heute posten!“ Das ist gerade das Erschreckende! Wir sind in einem digitalen Zeitalter, haben alle Möglichkeiten, aber treten diese mit Füßen. Wir geben Unsummen für Verkaufsmannschaften aus, die im Grunde nichts anderes sind als – und jetzt muss ich einmal Gabriele Schulze zitieren, die das schon 1997 oder 1998 einmal in einem Interview in der First Class gesagt hatte – rollende Prospektständer oder „Lila-Pause-Hasen“-Verteiler.
Jeder Check-In eines Gastes bei Facebook, jeder Post eines Gastes über seinen persönlichen Facebook-Account, jedes Bild bei Instagram, jeder Tweet, jede Bewertung, die ein Gast bei Facebook, Google+, HolidayCheck, Tripadvisor, der eigenen Homepage oder sonst wo abgibt…alle diese und noch viele weitere Dinge bringen heute ein Vielfaches mehr als das, was wir in Printwerbung und in den Verkauf investieren. Nur: Wer das soll das machen? Wer hat am meisten Gästekontakt? Das sind die Teammitglieder, die am Gast arbeiten, die Rezeptionisten, die Service-Mitarbeiter, die Bankett-Mitarbeiter usw..
Diese Mitarbeiter haben wahrscheinlich pro Tag mehr Kontakte mit Multiplikatoren (denn fast jeder, der in einem Hotel eincheckt, hat heute ein Smartphone, nutzt auch Social Media und gibt Bewertungen ab), als die vermeintlichen Starverkäufer in einem Jahr. Während also die Digitalisierung zunimmt, verteilen wir Spargeltöpfchen, laden zu Hausführungen ein und machen tolle Sales-Blitze, wo wir alle Verkäufer in einer Destination zusammenholen und dann tolle Sachen an vermeintliche Bucher verteilen, die total genervt davon sind, dass wieder so ein Klinkenputzer aus der Hotellerie unangemeldet vorbeikommt! Auch eine Imagebildung.
Diese Verkäufer aber verdienen anscheinend – wenn es stimmt, was mir neulich ein VP Kollege einer großen Kette mitgeteilt hat – mindestens €3.200 brutto/Monat! In leitender, bzw. strategischer Postion bekommen sie nicht unter €4.000 bis €4.500. Im Vergleich dazu wird der Rezeptionist/in und all die anderen mit den vielen Gastkontakten mit Tariflöhnen und somit weitaus günstiger abgespeist. Macht das im Zuge der Digitalisierung noch Sinn? Ich denke nicht! Es gilt, wie auch bei der Unternehmensführung, hier völlig neue Ansätze zu etablieren.
Das Empfehlungsmarketing, und dann noch von den eigenen Freunden, ist der Nummer-Eins-Verkaufsfaktor für unsere Hotels und ich will jetzt gar nicht von Big-Data anfangen. Es gilt also umzudenken, denn die Mitarbeiter mit den meisten Gästekontakten sind heute das kommunikative Bindeglied zwischen einem Gast und einem Hotel/einer Marke. Diese Mitarbeiter können mit ihrer individuellen Art (die man im Übrigen auch nicht per Excel-Liste, Prozessbeschreibungen und Regeln verordnen kann, wie manche „Experten“ das einem gerne weiss machen wollen) heute viel mehr Leute erreichen, als es der Verkäufer je tun wird. Es gilt aber diese Mitarbeiter zu informieren, zu trainieren, für ihre neue Aufgabe fit zu machen und am Ende auch anders zu vergüten. Der „Wind of Change“ der Digitalisierung geht immer weiter. Die Frage ist wirklich: Sind wir dafür gerüstet und wollen wir das überhaupt oder sind wir einer Branche von Besitzstandswahrern? Da passt das Zitat eines anderen Kollegen von mir: „Corporate Life is about taking care of yourself, not about creating things“.
Ich denke: „We better start creating things!“ Ansonsten ist es bald nichts mehr mit „Taking care of myself„, Champagner, Zigarren und Einstecktüchern…