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Angelockt by HolidayCheck

Nun ist es also passiert: HolidayCheck erweitert sein Geschäftsmodell und damit seine Marge. In die Röhre gucken wieder einmal die Hotels, obwohl diese wohl genau das Modell gefordert haben. Aber der Reihe nach, die Woche kam die „attraktive“ Aufforderung:

Lass‘ die Kunden auf DEINER Webseite buchen und hole Dir Direktgeschäft mit dem HolidayCheck Direct Link!

HolidayCheck ist genau das, was der Harvard-Business-School-Professor Clayton Christensen als „Disruptive Innovation“ bezeichnet. Also umwälzende Neuerungen in einer Branche, die etablierte Unternehmen zwingen, radikal umzudenken, wenn sie überleben wollen. Auf der einen Seite die Hotellerie, die es einfach verpasst hat, das Internet für sich zu nutzen (die Gründe sind hinlänglich bekannt und können in meinen anderen BLOG Beiträgen nachgelesen werden). Auf der andere Seite immer wieder neue Geschäftsmodelle, die überhaupt erst durch das Internet entstanden sind.

Schaut man sich die Entwicklung an, hat  HolidayCheck die Hotellerie schön angelockt! Entstanden als vermeintlich reines Bewertungsportal, das ja nur das Interesse des Kunden und die Transparenz der Qualität im Sinn hat, wurden tolle Veranstaltungen und Road-Shows für die Hotellerie gemacht. Getreu dem Motto „Piep, piep, piep – wir haben uns alle lieb“ hat die Hotellerie gerne mitgemacht und bereitwillig die HolidayCheck-Widgets auf ihrer Website bereitgestellt (wertvolle Backlinks, siehe Screenshot links) und die eigenen Kunden animiert, bei HolidayCheck zu bewerten (somit wertvollen UGC geschaffen).

Die Ansprechpartner waren gern gesehene Gäste bei den Fachveranstaltungen und konnten immer smart die Fragen der Hotellerie beantworten und beteuern, dass sie doch einen Mehrwert für die Hotellerie bieten und eigentlich ein Partner der Hotellerie sind. Alle nickten ab und haben sich gefreut! Ein merkwürdiger Partner, der es den Hotels nicht einmal freistellt, bei sich listen oder eben nicht listen zu lassen, sondern der einfach alle listet und sich darauf beruft: „Hey, wird sind ein Bewertungsportal, es gibt doch das Recht der freien Meinung“.

Niemand hat leider daran geglaubt, dass man mit Bewertungen alleine kein Geld verdienen kann und dass sich HolidayCheck durch die Hilfe der Hotellerie zu einer der bestbesuchten Seiten entwickelt hat. Größe ist halt alles, wenn der geschäftliche Erfolg von der Reichweite abhängt. Diese Reichweite haben die Hotels HolidayCheck gebracht und nun, da man ja kein altruistischer Verein, sondern ein profitorientieres Unternehmen ist, soll diese Reichweite und Größe monetarisiert werden. Wir alle kennen die Margen, die die Internetcompanies haben wollen. Meistens 20-30%, wovon die Hotellerie weit entfernt ist, auch mit dem Mehrwertsteuersatz von 7%, aber das ist ein anderes Thema.

Dass wir uns hier nicht falsch verstehen: Gar nicht unclever, sondern vielmehr genial finde ich als Unternehmer das Businessmodell von HolidayCheck. Es ist eine Gelddruckmaschine. Nur auch hier wird wieder Geld mit und nicht für die Hotellerie verdient.

Am Anfang hat man schöne Schnittstellen geschaffen und die Veranstalterraten der Hotellerie mit auf der Seite abgebildet. Raten also von Merchant-Modell-Partnern der Hotellerie, die ursprünglich einmal dazu dienten, Packages über einen gedruckten Katalog in stationären Reisebüros zu verkaufen. Wie viele Buchungen von diesen ursprünglich für den Abverkauf ab Reisebüro angedachten Raten allerdings tatsächlich noch über eben diese Reisebüros kommen, dazu schweigen sich die Partner aus. Ebenso hat man von Seiten HolidayCheck auch Partnerschaften mit den Retail-Modellen, also den OTA’s abgeschlossen, um auch deren Raten anzuzeigen. Die Hotellerie hat es verpasst, ihre Verträge dementsprechend anzupassen und alle haben gut verdient (HolidayCheck, die Merchants, die Retailer). Die Zeche zahlt wie immer die Hotellerie.

Da die HolidayCheck AG zur Tomorrow Focus AG gehört und auch das ebenfalls kein alturistischer Verein ist, sind aber anscheinend die Margen, die man mit dem Businessmodell HolidayCheck verdient, noch nicht hoch genug. Es geht also um eine weitere Monetarisierung des Businessmodells, da man sieht, was andere Partner am Markt verdienen. Dass bei HolidayCheck dazu ein neuer Wind weht und eine andere Kultur Einzug hält, spürt man sicherlich seit dem Weggang einiger Führungspersonen, die wahrscheinlich die neue Linie nicht umsetzen wollten oder konnten.

Die neue Ausrichtung zeigt sich also auch dann wie oben beschrieben diese Woche. HolidayCheck, ganz Freund der Hotellerie, schrieb eine E-Mail mit dem Wortlaut:

Ab sofort haben Sie die Möglichkeit mit unserem neuen Produkt HolidayCheck Direct Link potentielle Kunden, die sich bereits für Ihr Hotel und Ihre Destination als Reiseziel interessieren auf Ihre Webseite zu holen. Generieren Sie mit dem neuen HolidayCheck Direct Link ohne Zahlung von Kommissionen mehr Direktgeschäft.

Dazu muss ich vorab einmal sagen, dass mich diese ganzen Aussagen zum Thema kostenloses/kostengünstiges „Direktgeschäft“ ein wenig nerven. Ein guter Freund hat einmal zu mir gesagt „Marco, nothing in life is for free“ und so ist es auch mit dem Direktgeschäft. Eine Buchung über die eigene Website ist zwar vermeintlich ein Direktgeschäft, weil es eben über die eigene Website getätigt wird, die Frage sollte sich allerdings jeder dazu stellen: Was ist „The cost of doing business“?

Was hat es gekostet, den Kunden auf meine Seite zu bekommen? Was kostet die Buchung auf meiner Seite tatsächlich? Ist es vorteilhaft, wenn ich SEM/SMA mache und dafür nachher einen Kostenanteil von 40% pro Buchung habe? Was ist mit dem Google-Hotelfinder? Was kostet mich da tatsächlich die Buchung? Habe ich eine eigene IBE oder wird die von einem Drittanbieter zur Verfügung gestellt? Und wie verhält es sich mit den OTA’s? Ist für 15-20% Provision das am Ende nicht doch der günstigste Kanal? Was kostet mich eine Verkaufsabteilung, die das Firmengeschäft akquirieren soll am Ende pro Buchung? Also alles Fragen über Fragen, die ich individuell für mein Hotel beantworten sollte. Dazu gibt es keine Blaupause oder allgemein gültige Lösung. Jedenfalls liegt das Heil nicht im Direktvertrieb, sondern in der klaren und unaufgeregten Analyse des sogenannten „The cost of doing business“, denn am Ende zählt auch für uns Hoteliers die Marge und wenn wir nicht aufpassen, laufen die Distributionskosten ins Unermessliche.

Zurück zu unseren „Freunden“ von HolidayCheck, die uns ja ohne Zahlung von Kommission mehr Direktgeschäft bieten wollen. Wie gesagt, kein altruistischer Verein, profitorientiertes Unternehmen, „Shareholder-Value-driven“. HolidayCheck bietet also den Hoteliers folgendes an:

Entscheiden Sie selbst, wie viele Klicks Sie über den HolidayCheck Direct Link generieren wollen. Anschließend wird der HolidayCheck Direct Link auf Ihrer Hotelübersicht solange angezeigt, bis die von Ihnen gebuchten Klicks erreicht wurden. Die gebuchten Klicks werden also garantiert. Sie setzen Ihr Budget höchsteffizient ein.

Und man bekommt einen Klick für sage und schreibe, ca. €0,75. Nun, man hört ja immer viel über die alles entscheidende Kennzahl in der Berechnung, nämlich die Conversion. Viele Experten sprechen von 2% beim Thema Google-Hotelfinder. Andere wiederum sprechen von 2,5%, etc.. Soweit ich weiß, spricht man im E-Business immer von 3,x% als „normale“ Conversion. Beziehe ich das auf mein Hotel und gehe davon aus, dass drei von 100 Klicks auch eine Buchung generieren, dann habe ich folgende Rechnung:

100 x €0,75 (ca.) = €75 (ca.)

Nimmt man unsere Verkaufsrate von €59 und geht davon aus, dass die Gäste nur eine buchen ergibt sich:

3 x €59 = €147

Ich investiere also €75, um €147 einzunehmen. „The cost of doing business“ ist dann…ta, ta… bei knapp 51%.

Ich zahle zwar keine Kommission mehr, dafür aber mehr für die Klicks. Keine coole Gleichung. Reich wird bei dem Modell nur einer.

Fairerweise darf man aber nicht ausser acht lassen, dass die Conversion auch höher liegen kann, denn der Link von der Hotelseite bei HolidayCheck ist ja höher qualifiziert, als ein reiner Link bei Google. Man sollte annehmen, dass der potentielle Gast bei HolidayCheck das Hotel bereits kennengelernt hat, so dass er mit dem weiteren Klick im Vergleich ein höheres Interesse zeigt. Um also „The cost of doing business“ zu reduzieren und vielleicht sogar unterhalb der Kommissionen zu bekommen, muss sich die Conversion massiv erhöhen. Und das ist die entscheidende Frage. Egal wie die allerdings auch ausgeht, HolidayCheck gewinnt immer und verdient sein Geld mit, aber sicherlich nicht für die Hotellerie.

Es wird also Zeit, von HolidayCheck loszukommen. Die Hotellerie sollte doch eigene, neue Modelle entwickeln. Wie und ob das alles geht, dazu wird es verschiedene Vorträge und Diskussionen auf dem Deutschen Hotelkongress in der kommenden Woche geben. Ich bin auch mit dabei und freue mich auf die Diskussionen mit Tobias Ragge von HRS, Gerd Ziegler von HolidayCheck, Caro Brauer von QR und Marc Benkert zum Thema Google-Hotelfinder. Sehen wir uns? Es wird bestimmt spannend…

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