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Auf die Dauer hilft nur Power – oder doch nicht?

Bodo Janssen von Upstalsboom Hotels & Resorts hat zum Jahresbeginn 2015 symbolisch die Worte Macht, Kontrolle und Druck samt Napoleonshut abgeschossen.

Marco Nussbaum setzt für seine Prizeotels auf Mitarbeiter mit einem niedrigen Machtmotiv (nach Reiss-Profile) und schreibt zudem eine Buch zum Thema “Wer per Diktat führt, wird nicht mehr respektiert”.

Was aber hat es mit dem Streben nach „Macht“ auf sich, was ist ein Reiss-Profile und ein Lebensmotiv?

Als der US-amerikanische Psychologe und Psychiater Prof. Dr. Steven Reiss Mitte der 90er Jahre schwer erkrankte, konnte er zunächst nicht verstehen, warum die Krankenschwestern, die ihn betreuten, glücklich und zufrieden waren und ihre Arbeit wirklich gerne machten. Diese Frage war die Grundlage für seine Forschungsarbeit. In großen wissenschaftlichen Studien erforschte er was den Menschen im innersten antreibt. Mittlerweile liegt mit dem Reiss-Profile ein Modell zur Analyse der 16 wichtigsten Lebensmotive, also der intrinsischen Motivatoren der Menschen vor.

Meine erste Begegnung mit Persönlichkeitsanalysen machte ich Ende der 80er Jahre und das Ergebnis beeindruckt mich bis heute. Deshalb habe ich mich immer wieder mit Motivationstheorien beschäftigt und setze heute im Coaching selbst das Reiss-Profile ein. Es gibt u.a. Aufschluss über die eigene Persönlichkeit, also darüber, wie man selbst tickt und warum andere anders sind. Es erhöht die persönliche Lebensqualität, wenn man im Einklang mit sich selbst ist.

Doch zurück zu unserer Krankenschwester und zur Motivausprägung „Macht“. Das Reiss-Profile gibt nicht nur Aufschluss darüber, welche Motive der Mensch anstrebt, sondern auch darüber, wie stark die Ausprägung ist. Die Ergebnisse werden anhand einer Skala von -2 bis +2 dargestellt. Und es stehen sich jeweils 2 Pole gegenüber. Beim Motiv Macht, das ich am liebsten mit der Originalbezeichnung „Power“ beschreibe, stehen sich die Ziele „Führen“ oder „Dienstleisten“ gegenüber. Wir alle sind „Mischungen“, d.h. wir haben alle Anlagen in uns, nur in verschiedenen Ausprägungen. Frei nach der Gaußschen Normalverteilungskurve bewegen sich etwa 70 % der Menschen im mittleren Bereich zwischen -0,8 und + 0,8. je höher oder je niedriger der Wert ist, je weniger Menschen teilen dieselbe Ausprägung.

Was ist nun besser oder schlechter und welche Ausprägung ist ideal? Es gibt keine bessere oder schlechtere Ausprägung. Alle sind gut, alle sind anders und alle sind wertvoll. Grundsätzlich kann man jede Aufgabe mit jeder Ausprägung lösen. Wenn die Aufgabe jedoch der Ausprägung entspricht, dann fällt sie leicht und strengt nicht an. Der Mensch erfährt dann wirklich „Werteglück“ und Zufriedenheit.

Doch wir waren ja bei der Krankenschwester. Krankenpflege ist Dienstleistung „pur“ und so wäre es eine ideale Konstellation, wenn die Machtausprägung im Minusbereich wäre. Deswegen könnte unsere Krankenschwester trotzdem „führen“, die Auszubildenden beispielsweise oder wenn es gerade Mal darauf ankommt oder wenn etwas wichtig ist. Richtige Zufriedenheit erlangt sie aber durch die Pflege und die Hinwendung zum Menschen.

Vor ein paar Monaten habe in einer Studie ca. 120 Profile von Pflegemitarbeitern und Ärzten eines Krankenhauses gesehen. Über 90% der Mitarbeiter hatten eine niedrige oder neutrale Machtausprägung. Wenn das keine Botschaft für Dienstleistung ist!

Unterschiedlich ausgeprägte Menschen haben eine Tendenz, sich misszuverstehen. So erklärt sich auch, dass Steven Reiss (Macht „hoch“) nicht verstehen konnte, warum seine Pflegekräfte (Macht „niedrig“) durch ihre Arbeit Glück erfahren haben.

Tatsächlich braucht man beide Ausprägungen. Der Dienstleister möchte geführt werden und wen soll der „Power-Typ“ führen, wenn es keine Dienstleister gibt? Kluge Chefs erkennen das und suchen Mitarbeiter, die zu den Positionen passen und sie formulieren das auch in den Stellenausschreibungen entsprechend.
Wie ist Ihre Machtausprägung und wie sieht es wohl in Ihren Hotels aus? Eine spannende Frage – oder? Nach welchem Motto wählen Sie Ihre Mitarbeiter aus? „Auf die Dauer hilft nur Power“ – oder setzen Sie doch auf Dienstleistung?

Ein Thema habe ich nicht behandelt: ein Motiv steht nie für sich alleine. Entscheidend ist immer auch die Motivkonstellation. So ist vor allem das Motiv „Unabhängigkeit“ (versus Teamorientierung) wesentlich, wenn es um die Art und Weise der Führung geht. Wie würde also jemand führen, der eine hohe Machtausprägung und gleichzeitig hohe Teamorientierung besitzt? Würde er die Mitarbeiter bei seinen Entscheidungen einbinden oder „mitnehmen“? Integrativ? Kooperativ?

Motivkonstellation

Die Zeiten, in denen Mitarbeiter mit Macht und Druck zu Leistung gebracht werden konnten, sind vorbei. Im Klartext: Imponier- und Machtgehabe haben ausgedient. Neue Führungsideale sind Kompetenz und Wertschätzung.

Gute Chefs wissen, dass Sie die Mitarbeiter mitnehmen müssen, ja, dass sie für die Art und Weise, wie sie führen, das Einverständnis der Mitarbeiter benötigen. Mitarbeiter wissen, dass es ohne sie nicht geht und dass der Vorgesetzte ihre Kompetenz braucht. Sie wissen aber auch: „Wir brauchen den Chef, der unsere Leistungen zu einem tollen Produkt zusammenschmiedet.“

Die Frage ist: wie bekommen Chefs das Einverständnis ihrer Mitarbeiter zur Führungsrolle und wie erreichen sie Akzeptanz?

Doch das ist ja erst der erste Blog.

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